1.3 Juristischer Protest
Wohl einige Tausend BAföG-EmpfängerInnen haben versucht, auf juristischem Weg gegen die BAföG-Volldarlehensregelung vorzugehen. Die KlägerInnen sahen in der Volldarlehensregelung eine durch nichts zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von BAföG-EmpfängerInnen innerhalb des Zeitraumes 1983 - 1990 und mithin einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetz (GG) ebenso wie gegen das Sozialstaatsgebot des Artikel 20 GG.
Seit Mitte der 80er Jahre erging daraufhin eine Vielzahl von für die Betroffenen negativen gerichtlichen Entscheidungen. Insbesondere das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster vom 11. Juni 1992 (Az 16 A 3744/91) hatte viele Leute entmutigt. Zudem mehrten sich Stimmen, die unsere Ansprüche mittlerweile verjährt sahen. Jedoch standen noch immer höchstinstanzliche Entscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht aus.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in einem ersten Beschluss zur BAföG-Volldarlehensregelung am 14.08.1996 einstimmig beschlossen, die Verfassungsbeschwerden einiger BAföG-EmpfängerInnen von 1983 bis 1990 gegen ihre Feststellungs- und Rückzahlungsbescheide nicht zur Entscheidung anzunehmen (Az 1BvR 315/95).
Bescheide des Bundesverwaltungsamtes könnten nicht mit der Begründung angefochten werden, dass für 1983 bis 1990 Förderung (teilweise) als Zuschuss hätte gewährt werden müssen, da die rechtsverbindliche Regelung über die Förderungsart nicht erst in dem angegriffenen Feststellungs- und Rückzahlungsbescheid des BVA getroffen wird, sondern bereits im Bewilligungsbescheid der Ämter für Ausbildungsförderung.
Sehr zum Ärger der Betroffenen hat das BVerfG mit seinem Beschluss also alle vorangegangenen entsprechenden Gerichtsentscheidungen endgültig festgeklopft. Daher wird es auf juristischem Wege in der Sache selbst keine rückwirkende Änderung geben, da nun alle Verfahrenswege abschließend ausgeschöpft sind.
Wegen dieser seit dem oben genannten Urteil des OVG Münster absehbaren Rechtslage hatten die GEW und wir von der BAFOEGINI seit 1992 Betroffenen empfohlen, bei ihrem zuletzt zuständigen Amt für Ausbildungsförderung Anträge auf „rückwirkende Abänderung von BAföG-Bescheiden“ zu stellen. Große Hoffnungen der Betroffenen beruhten hierbei insbesondere auf einem Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 8. Dezember 1992, das ein entsprechendes Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorgelegt hatte „… ob Art. 16 Nr. 5 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20.12.1982 (…) verfassungswidrig ist, soweit dort Paragraph 17 Abs. 2 BAföG dahin geändert wird, dass die Ausbildungsförderung bei dem Besuch von Hochschulen auch hinsichtlich der zur Deckung der Unterkunftskosten vorgesehenen Leistungen als Darlehen gewährt wird.“
Das Hauptargument bezog sich also darauf, dass StudentInnen, die ihr BAföG als Volldarlehen erhielten, während ihres BAföG-Bezuges von Leistungen nach dem Wohngeldgesetz ausgeschlossen waren. Die meistenvon uns müssen durch die Darlehensrückzahlung ihrenBAföG-Anteil zu den Unterkunftskosten in voller Höhe erstatten, während dies bei allen anderen EmpfängerInnen von Wohngeld nicht der Fall ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun schließlich im Oktober 1997 einen endgültigen Beschluss zu Klagen gegen die BAföG-Volldarlehensregelung 1983 - 1990 gefasst, der am 14. Januar 1998 veröffentlicht wurde (Az 1 BvL 5/93). Die RichterInnen des BVerfG vertreten in ihrem Beschluss die Auffassung, dass die Volldarlehensregelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. hierzu unser „Voll Darlehen!“ Nr. 5).
Laut BVerfG verstieß auch nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG), dass der Gesetzgeber zwischen 1983 und 1990 Leistungen für die Deckung der Unterkunftskosten an die Studierenden ausschließlich als Darlehen gewährte und sie zugleich vom Bezug des - als Zuschuss gewährten - Wohngeldes ausschloss.
Stand dieser (einzelnen) Seite: 01.04.2013
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