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zahlungsverzug

3.3 Zahlungsverzug

Generell fragwürdig ist die einsetzende horrende Verzinsung in Höhe von 6 % der gesamten Darlehensrestschuld bei Zahlungsverzug der fälligen Rückzahlungsrate um mehr als 45 Tage (§ 18 Abs. 2). Weder im Gesetz noch in der Darlehensverordnung ist sichergestellt, dass DarlehensnehmerInnen unverzüglich von einem Verzug (durch eine Mahnung) in Kenntnis gesetzt werden, sodass Betroffene mitunter erst Monate später von der inzwischen entstandenen Zinsforderung erfahren, die dann sofort fällig wird und neben den ohnehin fälligen Raten zu entrichten ist.

Auf ein nachgewiesenes Verschulden der DarlehensnehmerIn kommt es beim Verzug nicht an. So gehen etwa vom beauftragten Kreditinstitut verschuldete Verzögerungen zu Lasten der DarlehensnehmerIn!

Verzugszinsen nicht nur auf die ausstehenden Raten, sondern auf die gesamte Darlehensrestschuld? Eine derartige Berechnungsweise hatte der Bundesgerichtshof 1984 für das Zivilrecht (z.B. Banken) ausdrücklich für sittenwidrig und damit für unwirksam erklärt (Az III ZR 231/82). Aber das gilt nicht für das BAföG.

Hinzu kommt, dass diese Regelung aus unserer Sicht nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz vereinbar ist, da bei verspäteter Zahlung einer monatlichen Rate einE DarlehensnehmerIn mit einer Darlehensrestschuld von 2.500 EUR weitaus besser gestellt ist als einE DarlehensnehmerIn mit einer Darlehensrestschuld von 25.000 EUR, obwohl die 'Unrechtshandlung' (das Nichtbezahlen einer Rate) in jedem Fall die gleiche wäre.

Wie schon bei der gesetzlich vorgesehenen Einzugsermächtigung wird hier deutlich, dass sich die GesetzgeberInnen von vornherein der Risiken entheben wollen, die bei der Gewährung von Darlehen naturgemäß bestehen.1)

Besonders hinweisen möchten wir noch darauf, dass auch Zinsbescheide einen zweiten, zusätzlichen Zinsbescheid auslösen können, wenn der im ersten Bescheid genannte Zinsbetrag 45 Tage nach seiner Fälligkeit (zusätzlich zu den laufenden Raten und gegebenenfalls weiteren Beträgen) nicht auf dem Konto der Bundeskasse Halle eingegangen ist. Einige Betroffene geraten auf diese Weise in eine verhängnisvolle 'Zinsspirale', aus der sie nur unter größten (finanziellen) Anstrengungen wieder herauskommen können.2)

Anfang 2023 wurde uns eine erfolgreiche Klage gegen einen Zinsbescheid nach (rückwirkender) Freistellung bekannt: Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 02.06.2022, (Az. 26 K 2829/21).

Stand dieser (einzelnen) Seite: 01.03.2023


Links zu Rechtsvorschriften:

BAföG

§ 18 (2)

(…) Wenn Darlehensnehmende einen Zahlungstermin um mehr als 45 Tage überschritten haben, ist (…) jeweils der gesamte bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht getilgte Betrag (…) – vorbehaltlich des Gleichbleibens der Rechtslage – mit 6 vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. (…)

https://www.gesetze-im-internet.de/baf_g/__18.html


Darlehensverordnung
(Verordnung über die Einziehung der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geleisteten Darlehen)

§ 8 Zahlungsrückstand

(1) Nach dem Zahlungstermin werden gesondert erhoben:

  1. Zinsen nach § 18 Absatz 2 des Gesetzes ab dem auf den Zahlungstermin folgenden Monat, wobei einem Kalendermonat 30 Tage zugrunde zu legen sind.
  2. 5 Euro Mahnkosten.3)

(2) Die Rechtsfolgen nach Absatz 1 treten unabhängig davon ein, ob dem Darlehensnehmer ein Bescheid4) nach § 10 zugegangen ist. Abweichend von Satz 1 treten die Rechtsfolgen nicht ein, solange der Bescheid dem Darlehensnehmer aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zugegangen ist.

https://www.gesetze-im-internet.de/darlehensv_2022/__8.html


Infoseite des BVA zu Zinsbescheiden

Thema: „Ich habe einen Zinsbescheid erhalten“

https://www.bva.bund.de/DE/Services/Buerger/Schule-Ausbildung-Studium/BAfoeG/4-Rueckzahlungszeitraum/Sonstige-Forderungsbescheide/Zinsbescheid/zinsbescheid_node.html

Das BVA informiert zudem: „Die Zinsberechnung endet mit dem Tag des Zahlungseingangs bei der Bundeskasse Halle. Falls Sie einen Freistellungs- und/oder Stundungsantrag gestellt haben, endet die Zinserhebung mit dem Datum des Antragseingangs.“ (Hervorhebung durch BAFOEGINI)

1)
Das Bundesverwaltungsgericht entschied auch darüber am 24.10.1991 unter Aktenzeichen 5 C 18/88.
2)
Zinsen können auch während der Freistellung verlangt werden: BVerwG 5 C 13.98
3)
ab dem 01.04.2020 waren Mahnkosten von 2,00 € auf 5,00 € erhöht
4)
gemeint ist ein Rückzahlungsbescheid
zahlungsverzug.txt · Zuletzt geändert: 2023-12-26 10:32 von bafoegini

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